Egal wie selbstständig oder eingeschränkt ein Kind im praktischen Leben ist, sein eigentliches Wesen ist immer gesund. Diesem gilt es zur Entwicklung zu verhelfen. Die Schwächen des einen Schülers helfen dabei die Stärken des anderen zu entwickeln. Auf der Grundlage der Waldorfpädagogik lernen die Schüler nicht nur vieles, was andere Schüler auch lernen. Jedes Kind ist ein körperlich und seelisch wachsendes Individuum, das zur Entfaltung seiner leiblichen Fähigkeiten und zur Kommunikation mit der Welt befähigt wird. Im sozialen Kontakt mit der Gruppe reift es dazu heran. Schon vor Schulbeginn mit der ersten Klasse suchen wir die Zusammenarbeit mit den Eltern, denn ohne ihr Mitwirken an der pädagogischen Arbeit hat Schule für uns keinen Sinn.
Sorgfältig wird jede Klasse zusammengestellt: Als Schule für Kinder mit besonderem Förderbedarf separieren wir nicht, wir bilden Klassengemeinschaften - auf dass einer dem anderen Vorbild und Hilfe sei: im Sozialen, im Praktischen, im Lernen, in Selbständigkeit, in Ruhe, in Ausdauer, Wachheit... Das Klassenlehrerprinzip steht für ein strukturiertes Lernumfeld und ein verlässliches und vertrauensvolles Miteinander. Während der ersten acht Schuljahre wird die Klasse von einem Klassenlehrer/einer Klassenlehrerin geleitet, ab Klasse neun wird verstärkt klassenübergreifend unterrichtet; jede Klasse wird von einem Oberstufenbetreuer/einer Oberstufenbetreuerin begleitet, der/die einen großen Teil des Unterrichtes erteilt und stets für alle und alles ansprechbar ist. Zu den Klassenteams gehören Integrationsassistenten/innen, die einzelnen Kindern während des Schultages zur Seite stehen und insgesamt 12 bis 14 junge Menschen, die die Klassen mit viel Engagement im Rahmen der Freiwilligendienste begleiten.
Lernen heißt vor allem: die Sinne schulen, Zusammenhänge verstehen, sich selbst und die Dinge um sich herum begreifen. Lehren heisst Weltinteresse wecken,fördern der körperlichen und seelisch-geistigen Fähigkeiten, von Selbstbewusstsein und Ich-Stärke. Die Schüler vertiefen sich jeden Morgen in ein Sachgebiet, das 4-6 Wochen Unterrichtsthema bleibt. In diesem Hauptunterricht wird von Formenzeichnen, Schreiben, Lesen und Rechnen, über Heimat-, Gesteins-, Pflanzen-, Tier-, Menschen- und Sternkunde bis zu Physik und Chemie und vielem anderen alles unterrichtet, was die Schüler brauchen, um sich und die Welt lieben und kennen zu lernen. Von großer Bedeutung ist alles Rhythmische und Künstlerische im Unterricht. Im sich anschließenden Fachunterricht beginnen wir in der ersten Klasse mit Englisch, Handarbeit, Eurythmie, Musik und Spielturnen. Später kommen Gartenbau, Werken, Religion, Sport, Hauswirtschaft und Kunstbetrachtung dazu.
Ab der 9. Klasse bilden die handwerklich-praktischen, berufsvorbereitenden Fächer einen besonderen Schwerpunkt: Gartenbau im Schulgarten wird durch ein Landwirtschaftspraktikum erweitert, zur Hauswirtschaft gehören auch die Mitarbeit in der Schulküche und die Essensausgabe an andere Schüler, zur Handarbeit kommt das Weben, im Werken lernen die Schüler neben dem Bearbeiten von Holz das Schmieden von Kupfer und Eisen. Betriebs- und Handwerkspraktika in der 10. bis 12. Klasse geben den Heranwachsenden eine erste Orientierung für die spätere Berufswahl.
Für Schülerinnen und Schüler, die wegen ihres besonderen Unterstützungsbedarfs im Bildungsgang "Geistige Entwicklung" unterrichtet wurden, stellt sich nach der Schulzeit die Frage nach dem "wie weiter" in besonderer Weise. Oft wird die Notwendigkeit gesehen, noch eine Zeitlang gezielt auf die nachschulische Bildung und Ausbildung hinzuarbeiten. Hierzu bietet die Johannes-Schule ein "Praxisjahr" an. Im Rahmen ihrer Schulpflicht oder einer Schulzeitverlängerung, wenn die jungen Erwachsenen dadurch "dem Erreichen des Bildungsziels nähergebracht werden können", kann dieses Jahr besucht werden. Das Praxisjahr steht Schülern und Schülerinnen, die die Johannes-Schule nicht besucht haben, ab dem 11. Schuljahr offen. Die Plätze sind begrenzt.
Der Unterricht erfährt eine wesentliche Ergänzung durch die während der Unterrichtszeit angebotenen Therapien. Neben der Krankengymnastik sind dies die anthroposophisch orientierten Therapien und Einzelförderungen: Heileurythmie, Rhythmische Massage, Kunsttherapie (Malen und Plastizieren), Musiktherapie, musikalische Einzelförderung (Gesang und Instrumentalunterricht) und Sprachgestaltung. Im Therapiekreis arbeiten Therapeuten/innen und Lehrer/innen zusammen; sie werden von einer Ärztin und einem Arzt beraten. Die Therapien werden ärztlich verordnet und über die Krankenversicherungen oder privat finanziert. Auf Antrag kann der Förderverein unterstützen.
Als Ganztagsschule, in der die Schüler einen Großteil ihrer Kindheit und Jugendzeit verbringen, bemühen wir uns um eine ganzheitliche und gesundende Erziehung. Dazu gehört neben dem unterrichtlichen und therapeutischen Angebot auch eine gepflegte Umgebung: Lichte Räume, die mit hochwertigen und gesundheitlich unbedenklichen Materialien ausgestattet und farblich gestaltet sind und ein wunderschönes Schulgelände mit großem Garten und vielfältigen Aufenthaltsmöglichkeiten, die forcierte Bewegung, ruhiges Spiel oder Rückzug ermöglichen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt wird vorgelebt; die Freiflächen werden biologisch bewirtschaftet und Strom und warmes Wasser werden zu einem großen Teil vor Ort regenerativ erzeugt. Zum Beginn des Schuljahres 2019/20 ist unsere Schulküche in Betrieb gegangen - ein gesundes, vegetarisches Essen mit bevorzugt saisonalen und lokalen, zum Teil auch im Schulgarten angebauten Erzeugnissen wird täglich frisch zubereitet.